
Kennen Sie das? Endlich Freitagabend – und die Energie reicht gerade noch, um sich aufs Sofa zu schleppen und sich mit etwas TV-Trash berieseln zu lassen. Vielleicht scrollt man parallel noch durch das Handy, weil selbst die Aufmerksamkeit für einen ganzen Film nicht mehr ausreicht. Wir nennen das Erholung – doch in Wahrheit ist es oft nur Erschöpfung.
„Nichts tun“ klingt verlockend, ist aber gar nicht so einfach. Versuchen Sie einmal, wirklich nichts zu tun (also auch kein Handy, kein Radio, kein Scrollen!). In einer Welt, die unsere Aufmerksamkeit pausenlos beansprucht, ist die radikale Absenz von Reizen zur Herausforderung geworden. Ich plädiere daher dafür, sich in der Freizeit bewusst Gutes zu tun – und das ist nicht dasselbe wie nichts tun.
Manche Menschen strukturieren auch ihre freie Zeit durch – fast wie den Arbeitsalltag. Andere hängen einfach ab und hoffen, dass das reicht. Beides kann auf Dauer unbefriedigend sein. In einem Gespräch mit meinem Sohn kamen wir kürzlich überein: Sich liebevoll um sich selbst zu kümmern heisst nicht, alles liegen zu lassen, sondern etwas zu tun, das Energie gibt – in der richtigen Dosis und zur richtigen Zeit.
Der Grat zwischen „müssen“ und „wollen“ ist manchmal schmal. Und um überhaupt zu merken, worauf man Lust hätte, braucht es zuallererst: unverplante Zeit. Erst wenn der Druck abnimmt, tauchen innere Impulse auf. Was tut jetzt gut? Was nährt – statt nur zu betäuben?
Erholsame Tätigkeiten sind individuell verschieden – und sie verändern sich. Es gibt keine allgemeingültigen Rezepte. Aber vielleicht ist bei diesen Anregungen etwas dabei, das einen kleinen Impuls auslöst:
- Mit einer Tasse Tee auf den Balkon sitzen und den Vögeln zuhören
- Frische Luft reinlassen und dabei ein Hörbuch oder einen Podcast hören
- Laut Musik hören – und dazu tanzen
- Die Krimskrams-Schublade entrümpeln
- Etwas Feines kochen oder backen
- Frische Blumen kaufen (oder pflücken?)
- Ein paar Seiten lesen – ohne Ziel, einfach so
- Etwas gestalten: nähen, stricken, malen, skizzieren
- Musik machen
- Ohne Fahrplan losreisen und neue Orte entdecken
- Spontan jemanden zum Kaffee einladen
- Spazieren. Schon moderate Bewegung kann Glückshormone freisetzen
- Sport. Die positive Wirkung von Bewegung auf die Stimmung ist gut erforscht – insbesondere bei sogenannten ergebnisfreien Sportarten, also ohne Leistungsdruck oder Wettbewerb. Das bestätigt auch Prof. Dr. Oliver Stoll im Interview mit Prof. Dr. Oliver Stoll
Nicht alles passt immer. Aber vielleicht erinnern solche Listen daran, dass Erholung nicht nur passiv ist. Sondern etwas, das man sich selbst gestalten kann – mit Feingefühl, ohne Druck.
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